Interview mit Michael Meisheit

Posted: 09/24/2013

Heute hab ich  ein kleines Schmankerl für euch, den Drehbuchautoren Michael Meisheit, der mit seinen Romanen „Soap“ und „Nicht von dieser Welt“ nun auch Erfolge als Romanautor feiert. Ich freue mich, dass er sich die Zeit für meinen kleinen Blog genommen hat.

Interview mit Michael Meisheit
Michael Meisheit

Herzlich Willkommen, Michael!

Stell dich doch bitte kurz den Lesern vor, damit sie sich ein Bild von dir machen können.

Ich bin 41 Jahre alt, lebe mit meiner Frau und meinen zwei kleinen Kindern in Berlin-Kreuzberg. Obwohl ich im schönen Köln geboren wurde, ist Berlin meine Wahlheimat. Die würde ich mit keiner anderen Stadt tauschen. Außer vielleicht mal für eine Weile mit New York oder Istanbul. Ich bin „hauptberuflich“ Drehbuchautor, schreibe seit über 15 Jahren für die Fernsehserie „Lindenstraße“ Drehbücher. Und habe mich 2012 in das Abenteuer „Selfpublishing“ gestürzt, veröffentliche also nun meine Bücher selbst …

Drehbuchautor und nun Romanautor – da liegt die nächste Frage ja auf der Hand: wie kamst du zum Schreiben?

Seit ich denken kann, habe ich eine große Liebe zum Film und zum Erzählen von Geschichten. Mit dem Schreiben habe ich schon als Teenager angefangen – in Form von Kurzgeschichten und ähnlichem. Der Drehbuchautor war die logische Konsequenz. Ich wurde dann von meinem Filmstudium in Ludwigsburg sozusagen wegengagiert für die „Lindenstraße“. Parallel schrieb ich sehr gerne kurze Texte im Internet – vor allem auf der Seite jetzt.de. Und ich arbeitete eine Weile lang auch mal an einem Roman. Das war aber immer nur „so nebenbei“. Erst die Möglichkeiten des Selfpublishings vor allem über Amazon haben mich dann dazu gebracht, mal „ernsthaft“ etwas zu veröffentlichen. Nämlich eben jenen Roman, den ich vor Jahren geschrieben habe – „Soap“. Dann die Texte von jetzt.de – „Irgendwas ist immer“. Und zuletzt meinen fiktiven Blog Vanessa X., der zu „Nicht von dieser Welt“ wurde.

Ich stelle es mir schwer vor, als Drehbuchautor ständig neue Inspirationen zu kriegen, denn alles war ja irgendwie schon mal da. Woher nimmst du deine? Ja, welch ausgelutschte Frage, aber ich bin trotzdem neugierig.

Meine Lieblingsfrage, der ich einen ganzen Running Gag in „Soap“ gewidmet habe, wo die Hauptfigur Lukas sich ja auch als Drehbuchautor versucht. Das Problem ist: Ich kann die Frage nicht richtig beantworten. Die Ideen oder Inspirationen sind einfach da. Im alltäglichen Leben, in Erzählungen von anderen, in Zeitungsberichten, in Filmen und Büchern. Sie sind überall. Man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen und Fragen stellen. Ideen zu haben ist nicht das Problem. Sie auszuarbeiten ist das, was einen Autor ausmacht …

Wie stehst du denn dann in der Hinsicht zum Thema „Klischee“?

Klischees sind für die kreative Arbeit wichtig. Sie helfen, Figuren schnell zu charakterisieren. Gerade bei Nebenfiguren ein Segen. Aber natürlich ist es für komplexe Figuren wichtig, die Klischees zu brechen, mit ihnen zu spielen usw. Das kann richtig Spaß machen und ist gerade im Bereich Humor ein wahnsinnig wichtiger Aspekt der Arbeit – man sollte sich also mit Klischees auskennen!

Was sagen deine Kollegen bei der „Lindenstraße“ zu deinen Erfolgen als Indie-Autor?

Sie freuen sich für mich. Und staunen auch ein wenig, denn selbst in (Drehbuch-) Autorenkreisen ist es noch nicht so bekannt, welche Möglichkeiten man mittlerweile hat, um seine Arbeit selbst zu veröffentlichen.

Könnte mir vorstellen, dass einige doch nebenbei auch an Romanprojekten arbeiten, gut, dass sie dich haben.  Aber mal ganz ehrlich: hast du deine Kollegen und Stars deiner Serie in „Soap“ eingebunden?

Das habe ich tunlichst vermieden, weil mir klar war, dass das nur Ärger geben würde. Es ist ja kaum eine Figur dabei, die nicht ihr Fett wegbekommt. Und so unbeschwert hat es dann beim Schreiben auch viel mehr Spaß gemacht.

Kann ich mir vorstellen, aber bei einer Person die man nicht mag, ist die Versuchung sicher nicht klein. Nun gut, anderes Thema:

Du bist bekennender Selfpublisher, aber hast du nicht doch mal versucht, Soap bei einem Verlag unterzubringen?

Als ich „Soap“ vor ca. 10 Jahren geschrieben habe, gab es das Selfpublishing noch nicht. Ich habe ein paar Versuche unternommen, sogar eine gute Literaturagentin für das Buch gefunden. Aber es hieß dann immer. „Ja, sehr witzig, aber Medien in Büchern, das läuft nicht.“ Ich habe das denn schnell versanden lassen. Als ich nun neu angefangen habe, war für mich die Frage nach Verlagen gar nicht relevant, denn ich fand ja gerade toll, dass ich alles alleine machen konnte.

Warum hast du dich dafür entschieden? Es ist ja doch ein Berg Arbeit, den man erledigen muss, was sonst der Verlag übernehmen würde. Was waren für dich die Vorteile?

Dass ich komplett selbst die Kontrolle habe. Das ist ein enormer Unterschied zu meiner bisherigen Arbeit, der einfach gut tut. Ich arbeite gerne im Team und finde es auch schön, wenn ich nicht alles selbst machen muss – was ja bei einem Drehbuch auch gar nicht gehen würde. Aber zur Abwechslung ist dieses Selbermachen wirklich wunderbar. Und mittlerweile mach ich ja auch beim Selfpublishing gar nicht mehr alles selbst, sondern suche mir mehr und mehr professionelle Leute, die bestimmte Arbeiten wie Cover-Design oder Lektorat für mich übernehmen. Das heißt also: Komplette Kontrolle, überschaubarer Arbeitseinsatz. Optimal.

Meinen Respekt hast du. Ich denke, ich würde mich da nicht rantrauen.
Zu Beginn hast du um deine Verkaufszahlen kein Geheimnis gemacht, im Gegenteil. Wie kam das an und wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, darüber öffentlich Buch zu führen?

Mittlerweile mache ich schon ein wenig ein Geheimnis darum, denn „Nicht von dieser Welt“ war ja nun ein Bestseller und mit dem Erfolg kamen recht schnell auch die Neider. Zudem ging es mir beim Veröffentlichen der Zahlen nie darum zu sagen: Seht her, was ich tolles gemacht habe. Sondern es ging mir darum, dass andere an meinen – teilweise auch schwierigen – Erfahrungen teilhaben konnten, um daraus Schlüsse für die eigene Arbeit zu ziehen. Genau wie ich aus den diversen Blogs und Foren sehr viel für meine Selfpublisher-Arbeit geschöpft habe. Die Community ist eine enorme Stärke der unabhängigen Autoren.

Das Thema Bestseller… Denkst du denn, ein Self-Publisher kann den ganz großen Bestseller landen?

Das hat es ja bereits gegeben. Nika Lubitsch hat mit „Der Siebte Tag“ über 100.000 eBooks verkauft. Das nenne ich doch mal einen großen Bestseller. Natürlich fehlt nach wie vor eine wichtige Komponente: Der Buchhandel. Die Selfpublisher-Szene ist überwiegend eine eBook-Szene und noch enger gefasst eine Kindle-Szene. Anderswo gibt es eben noch nicht die Möglichkeiten, sich so zu präsentieren. Für den Buchhandel könnte das theoretisch möglich sein – in den USA geht es bereits – aber da müssen wahrscheinlich noch eine Menge festgefahrene Strukturen verändert werden. Dann wäre es sicher auch kein Problem, dass ein Selfpublisher auf der Spiegel-Bestseller-Liste ganz weit oben landet …

Das sehe ich genauso, denn ehrlich: es war ein eingeschränkter Bestseller.
Du führtest mit „Nicht von dieser Welt“ ja selbst kurzzeitig die Amazon-Listen an – was war das für ein Gefühl?

Das war echt ein Gefühl nicht von dieser Welt. Ich hatte ja durchaus angekündigt, dass ich einen Bestseller „produzieren“ wollte. Meinte damit aber nur, dass ich in Sachen Marketing alles so gut machen wollte – mit professioneller Unterstützung – dass meine Ausgaben wieder reinkommen und vielleicht ein klein bisschen mehr. Ich hoffte auf 1.000 verkaufte Bücher und träumte vielleicht auch mal von 5.000. Aber was dann passiert ist – und immer noch passiert – war wirklich unfassbar. So richtig kapiert, wie gut es läuft, habe ich es erst, als ich Dan Brown überholt habe. Platz soundso in den Kindle-Charts war jetzt ja nicht so greifbar. Aber dass wochenlang mehr Leute mein Buch kaufen wollten als „Inferno“, fand ich schon krass.

Das ist auch ein großer Erfolg, meinen Glückwunsch!
Nun ist ja das Thema der Manipulation unter SPlern ganz groß. Wie stehst du dazu, auch in Hinsicht auf deinen eigenen Erfolg?

Manipulation von „Rezensionen“ bei Amazon? Ja, dazu gibt es eine Menge Gerüchte. Aber es gibt genauso viele Gerüchte, dass Verlage Leute bezahlen, die Konkurrenten mit schlechten Bewertungen versehen und die eigenen Bücher hochjubeln sollen. Ich glaube nicht, dass es im Selfpublishing-Bereich diesbezüglich mehr schwarze Schafe gibt als in allen anderen Bereichen, in denen man sich durch „verbesserte“ Bewertungen mehr Erfolg erhofft. Ich glaube aber auch, dass das Thema mehr diskutiert wird als es tatsächlich relevant ist. Autoren und Leser mögen nun einmal Verschwörungstheorien.

Und was „Nicht von dieser Welt“ angeht: Das Buch hat so viele negative Bewertungen, da wäre ich ein verdammt schlechter Manipulator, wenn ich daran etwas gedreht hätte. Nein, im Ernst: „Nicht von dieser Welt“ sollte manche Leute als entspannendes Beispiel dienen. So relevant sind die „Rezensionen“ gar nicht für den Erfolg. Mein Buch ist gerade als es ganz oben war von einfach jedem gekauft worden, eine Menge Leute haben dann gemerkt, dass es überhaupt nix für sie ist und haben das auch geschrieben. Aber das hat kaum jemanden abgeschreckt, es trotzdem zu kaufen …

Rezensionen sind nicht alles, das stimmt, auch wenn schlechte sicherlich schmerzen.
Zurück zu dir, denn eins interessiert mich noch: können wir auf mehr von dir hoffen?

Wie gesagt: Ideen zu haben ist nicht das Problem! Und ich habe ja auch noch meine Arbeit als Drehbuchautor, die ich nicht nur sehr gerne mache, sondern mit der ich auch sehr eingebunden bin. Aber wenn wieder etwas Zeit ist, werde ich dann wirklich mal einen neuen Roman schreiben. Bisher basierten ja alle drei veröffentlichten Werke auf alten Texten von mir. Jetzt brenne ich geradezu darauf, etwas „frisches“ zu schreiben …

Nicht nur du, auch wir sind gespannt. Danke für das Interview und deine Zeit!

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